Die Aggregate ans Laufen bekommen
Aus dem ägyptischen Tagebuch von Fritz Bredemeier (VIII-IX)
Aus dem Tagebuch von Fritz Bredemeier, Burgdorf (VIII):
An der Arbeit
2. Februar 1962
Eine „LORAC“-Station aufgebaut.
Es herrscht ziemlicher Sturm. Die Luft ist voller Staub. Die Sonne scheint nur blass, so dass ich annehme, dass die Sandwolke eine große Mächtigkeit hat. Es ist sehr trocken. Meine Wäsche ist im Nu trocken. Auf die Socken kann ich warten.
6. Februar 1962
Es ist Ramadan. Der Essensaal ist leer. Nur ein paar Europäer sitzen da und warten auf Frühstück. Diese aufreizende Langsamkeit. Uns ist so, als würden wir schikaniert. Um ein Haar hätten wir den Raum unter Protest verlassen.
8. Februar 1962
Einer unsere LKWs ist da. Auch elektronische Teile sind gekommen, so dass ich anfangen kann, die Funkgeräte umzubauen.
10. Februar 1962
Für morgen ist der erste Probelauf von Lorac vorgesehen. Noch keine Nachricht von Prospekta.
11. Februar 1962
Am Vormittag war ich in einer Bäckerei, um Brot zu holen. So ein Brot hat in etwa die Größe eines Pfannkuchens, nur das es kugelrund ist. Zehn solcher Kugeln nehme ich in meinen Besitz. Der Bäcker trägt sie mir sogar zum Auto und wirft das Brot auf den Beifahrersitz. Es duftet herrlich. Ich habe gleich eines gegessen.
12. Februar 1962
Prospekta liegt bei Ras Gharib auf Reede. Es sind tausend Sachen von Land mit dem Schlepper an Bord zu bringen. Die technischen Schwierigkeiten mit Funk und LORAC lass ich mal weg.
Als ich gegen Mitternacht in unserem Quartier ankam, wollte man gerade los und mich suchen.
13. Februar 1962
Ich bin ins Zelt zu einem Kollegen einer Station umgezogen. Das Leben im Zelt ist recht primitiv. Fast alles spielt sich auf dem Fußboden ab. Jetzt sitzen wir im Schlafanzug auf dem Bett und schreiben.
Heute ist der erste Tag, an dem es angenehm warm ist.
15. Februar 1962
Den Gehilfen eines unserer Kollegen abgeholt und zum Camp gebracht. Die einheimischen Gehilfen, die jeder Station zugeteilt sind, müssen wir mitversorgen.
Wir haben fünf Fische von See geliefert bekommen. Zwei dürfen wir selbst essen, drei müssen wir weiter verschenken.
Die ersten Schäden an der Stromversorgung sind aufgetreten.
Aus dem Tagebuch von Fritz Bredemeier, Burgdorf (IX):
Radios, die nicht senden, und Autos, die kaputtgefahren werden
17. Februar 1962
Prospekta hat sich das Messkabel halb abgerissen.
Thula, eine junge Frau bei unserem Lieferanten Franz in Suez gibt mir ihr Radio - ob ich nicht mal . . . nun, ich kann ja mal - aber das Ding will nicht senden.
Draußen ist Sturm. Der Aufenthalt draußen wird auf das nötigste beschränkt.
18. Februar 1962
Wasser und Benzin zur Station bringen. Aus Langeweile bin ich mitgefahren.
Mit unserem Magirus-LKW fährt ein einheimischer Fahrer. Der Kerl macht mir Spaß!!
Wenn in der weiten Wüste ein Stein liegt - er trifft ihn. Wenn auf der Straße ein Riesenschlagloch ist - von weitem ist er zu sehen, rechts und links ist genügend Platz, um dem Schlagloch auszuweichen - er muss da durch.
Auf der Rückfahrt will der Motor nicht recht und mein Freund beginnt die Kraftstoffanlage zu entlüften. Dann läuft die Karre eine Zeitlang wieder. Die Motorhaube ist mit Gummistrapsen gesichert. Die Scharniere sind vor der Windschutzscheibe.
Weil der Fahrer aber öfter an den Motor will, ist es ihm zu umständlich, die Klappe zu sichern. Wenn er die Haube öffnet, hält der starke Wind sie auch offen. Beim zweiten Schlagloch aber drückt der Wind die Klappe hoch. Die ballert vor die Scheibe – die kriegt eine ordentliche Beule und das Fahrerhaus wird eingedrückt. Weil man dann nichts mehr sehen kann, tritt man ordentlich auf die Bremse, dann fällt die Klappe wieder runter - und das Problem ist erledigt.
Aber das ist für den Fahrer noch lange kein ausreichender Grund, um die Klappe fest zu machen. So geht das einige Male. Dann wird uns angezeigt, dass wir kaum noch Benzin haben. Der Bursche hat nicht getankt, bevor er losgefahren ist. Wir haben es aber mit Entfernungen um die hundert Kilometer zu tun. Und der Kerl fährt ständig Vollgas!
Wenn ich in den nächsten Tagen den Strolch sehe, wird mir übel! Wir sind nur Gastarbeiter - aber müssen zusehen, wie unser Material zu Schanden gefahren wird und haben bodenlose Dämlichkeit und aufreizende Arroganz zu ertragen!
Aus dem Tagebuch von Fritz Bredemeier, Burgdorf (XVII):
Die Aggregate ans Laufen bekommen
19. Februar 1962
Der Wecker klingelt gegen 6 Uhr. Hose und Jacke an und raus aus dem Zelt, um die Aggregate anzuwerfen.
Um sieben Uhr läuft das erste Aggregat. Da haben wir schon alle Tricks angewandt, die Anwerfseile abgerissen und und und...
Bei nächster Gelegenheit damit zu unserem Kraftfahrzeugmeister Günter gefahren.
Der hat die Aggregate auseinandergenommen und festgestellt, dass ein Ventil angebrannt war. Und das nach sechs Tagen Inbetriebnahme!! Das Benzin ist scheußlich!
20. Februar 1962
Heute laufen die Aggregate besser. Aber erst dann, nachdem wir zehnmal gezogen haben und der Strick abgerissen ist.
Es weht ein eklig kalter Wind. Ich habe das Zelt kaum verlassen. Ich traue mich nicht einmal, scheißen zu gehen.
Das Radio von Thula kriege ich immer noch nicht hin.
Wir erhalten Besuch, fünf Herren vom Auftraggeber. Ich habe meinen ersten Vortrag in Englisch gehalten - es war schrecklich. Mister Diab schwärmte von unseren Zelten. Er wolle unsere Ausrüstung kaufen, hat er gesagt.
Es kommt ein Telegramm aus Hannover für Prospekta des Inhalts, dass das neue Messkabel nicht vor Mitte März zu haben ist und wir an neue Orte umziehen müssen.
Der Wind pfeift, es ist eklig kalt, aber ich muss dringend mal raus – brrrrrr.
21. Februar 1962
Es stürmt und es ist grässlich kalt. Ich habe unseren Haushalt in Ordnung gebracht.
Ich habe eine Verbesserung für unsere Stromversorgung erfunden.
Das Radio von Thula ist ein Teufelsding. Im ausgebauten Zustand geht es so leidlich, eingebaut sendet es keinen Ton.
22. Februar 1962
Die Prakla-Einsatzleitung ist zu uns gekommen. Wir überraschen sie mit der Nachricht, dass das Kabel gefunden ist. Fischerboote haben es aufgefischt. Es hat auf Grund gelegen. Das Kabel wurde nicht versehentlich abgeschossen, sondern ist abgerissen.
Unsere Erbsensuppe nach Art des Hauses hat allen gut geschmeckt.
23. Februar 1962
Das Wetter ist schön geworden. Meine Wäsche habe ich unserem Boy gegeben. Nachmittags ist sie trocken. Ich habe sie gleich gebügelt. Oberhemden zu bügeln ist so eine Sache. Mit zwei Salzstreuern voll Wasser habe ich das hinbekommen. Ich freue mich immer, wenn meine Sachen wieder schrankfertig im Koffer liegen.
Die Fliegen können einem zur Raserei treiben. Wenn man danach schlägt, bleiben sie einem auf der Hand sitzen.
Meine Abrechnung besagt: Für Januar und Februar habe ich 2.066 DM zu bekommen. 600 DM habe ich verbraucht, also sind so gegen 1.500 DM von der Auslösung übrig!